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SPRACHE

NA, ZUFRIEDEN?

Der lateinische Adjektiv „contentus“ erzählt viel über gute Inhalte

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Auch die Sprache hat ein Unbewusstes. Es ist immer da, wenn wir reden, schreiben, lesen. Zum Beispiel der Begriff Content. Schon die Römer haben ihn benutzt. „Du sollst den Griffel drehen, wenn du etwas schreiben willst, was ein zweites Mal gelesen zu werden verdient“, schreibt Horaz in seinen „Satiren“. „Und du sollst nicht darauf hinarbeiten, dass die Menge dich bewundert, zufrieden mit wenigen Lesern.“ 

„Contentus paucis lectoribus“ heißt dieser letzte Satz im lateinischen Original. Nach einem Motto für ein modernes Content Marketing klingt das nicht. Zufrieden mit wenigen Lesern? Wer nimmt denn wenige, wenn er alle haben kann? Die Klugen tun das. Warum? Auch das lässt sich aus dem lateinischen Adjektiv ableiten. 

Erst der Content, dann der Kanal

 

Für die Römer konnte ein Seil „contentus“, also gespannt, sein. Dehnt man es zu sehr, dann reißt es. Ähnlich sensibel ist das Band zwischen einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern. Die interne Kommunikation hält beide zusammen. Sie darf weder zu belanglos und seicht sein, noch zu einseitig und überspannt. Sie ist der Ort, an dem Anspannung und Kontroversen ausgehalten werden müssen.

Kommunikation ist die Kunst, auf diesem Seil nicht die Contenance zu verlieren. Hilfreich dazu ist die Fähigkeit, sich „contentus“ – also zufrieden – zu geben. In diesem Sinne gebraucht es Horaz: Wer seine Worte klug gewählt hat, muss damit nicht alle Welt beglücken. Es sollte ihm genügen, die Zielgruppe zu erreichen, für die sie gedacht sind. Das können Führungskräfte oder Mitarbeiter sein, Investoren, Kunden oder Journalisten. Aber es können nicht alle sein. „Contentus paucis lectoribus“, so verstanden, ist ein Plädoyer für diversifizierte und zielgruppengenaue Kommunikation.

Und was ist mit den Gefäßen, die unsere Inhalte – das lateinische Verb „tenere“ bedeutet übrigens auch „halten“ – umfassen? Was ist mit all den Insta-Storys, Blogs, digitalen Jahresberichten, Hybrid-Magazinen, Extranets und internen Video-Hubs? „Wo Inhalte sind, fügen sich die Formen von selbst“, schrieb Leo Tolstoi vor 120 Jahren. Vermutlich hat sich daran nichts geändert.  

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