INTERNE KOMMUNIKATION
WIE GELINGEN GUTE INTERVIEWS?
Es ist der Killer jeden internen Mediums. Das Interview mit der Headline „Wir sind ein starkes Team“, in dem der Manager auf unterwürfige Fragen mit vorgefertigten Botschaften antwortet. Nicht nur, dass die Glaubwürdigkeit der Internen Kommunikation unter solchen Interviews leidet – auch die Botschaft wird nicht ankommen. Das Konstruierte ist durchschaubar, das Gestelzte wirkt distanziert und empathielos, die Botschaften bleiben ohne Wirkung. ZE erklärt, wie Interviews auch in der Internen Kommunikation gelingen.
1. Ist das Interview das richtige Format für meine Story?
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Interviews sind perfekt, wenn es darum geht, Persönliches zu vermitteln – Gefühle, Beweggründe, Erfahrungen, Erlebnisse, Meinungen –, eignen sich aber eher nicht zur Informationsvermittlung. Wer also zum Beispiel einen neuen internen Verwaltungsprozess erklären möchte, macht das besser in Prosa. Im Interview zum selben Thema könnte dann die Motivation zum neuen Prozess erklärt werden oder wie er entstanden ist (sofern das jemanden interessiert). Viel stärker wirken Interviews aber dann, wenn der Interviewte eine wirkliche Geschichte zu erzählen hat. Ob man den richtigen Content für ein Interview und den richtigen Interviewpartner hat, lässt sich oft schon mit einer einzigen Frage klären: Ist mein Interviewpartner der Einzige, der mir diese Geschichte erzählen kann? Falls ja, könnte es ein spannendes Interview werden.
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2. Vorbereitung: Was will meine Zielgruppe eigentlich wissen?
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Wer ein Thema nicht versteht, kann auch keine klugen Fragen stellen. Deshalb: Sichten Sie im Vorfeld des Gesprächs alle verfügbaren Texte, Videos, Präsentationen etc. zum Thema. Und sammeln Sie alles ein, was Sie über Ihren Interviewpartner finden können. Wer ist er, was kann er, was hat er früher schon erzählt?
Bereiten Sie dann einen Fragenkatalog vor und fragen Sie sich selbst: Was könnte meine Zielgruppe an diesem Menschen und diesem Thema interessieren? Versuchen Sie, das Thema des Interviews in einen größeren Kontext zu stellen, zum Beispiel zum Markt des Unternehmens, zu Kunden, zur Gesellschaft, zu anderen internen Themen. Zuletzt: Notieren Sie sich Fragen, die die persönliche Perspektive des Interviewten betreffen, seine Einschätzungen, seine Emotionen, seine Erwartungen.
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3. Das Interview: … ist im besten Fall ein gutes Gespräch
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Die wenigsten Menschen geben ständig Interviews. Für die meisten ist es eine ungewohnte Situation, viele fühlen sich unsicher und unwohl. Steigen Sie also locker ein und versichern Sie Ihrem Gesprächspartner, dass nichts veröffentlicht wird, was er nicht zuvor gesehen und freigegeben hat. Schaffen Sie eine lockere Gesprächsatmosphäre, reden Sie über das Wetter, das bevorstehende Wochenende oder die schlechte Internetverbindung. Und dann gleiten Sie langsam über zum Thema. Lassen Sie ihren Gesprächspartner erstmal etwas über sich erzählen, wo er herkommt, seit wann er im Unternehmen ist, was seinen Job eigentlich ausmacht. Zeigen Sie, dass Sie sich wirklich für ihn und sein Thema interessieren („Ich habe mich immer gefragt, ob …“, „ach, das hört sich aber interessant an ...“). Das gelingt am besten, indem Sie nicht mitschreiben, sondern ein Band mitlaufen lassen. Hören Sie gut zu, fragen Sie nach, unterbrechen Sie notfalls, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Zeigen Sie weiter Neugierde, bemühen Sie sich um eine persönliche Perspektive und kitzeln Sie Anekdoten aus ihrem Interviewpartner heraus: „Was ist das für eine Atmosphäre, wenn ...“, „Das hat Sie sicher geärgert, oder?“, „Erinnern Sie sich noch, wie das war, als …? Der vorbereitete Fragenkatalog sollte bei all dem nur als Orientierung dienen. Läuft das Gespräch in eine andere interessante Richtung, lassen Sie es laufen und arbeiten Sie Ihre Fragen später ab.
Die letzte Frage ist immer dieselbe: Habe ich irgendetwas vergessen, zu fragen, haben Sie noch irgendwas auf dem Herzen?
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4. Der Text: … sollte mehr als eine redigierte Abschrift sein
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Die Headline sagt alles: Denn über jedem guten Interview steht ein starkes, überraschendes Zitat als Überschrift. Gibt das Interview eine solche Aussage nicht her, kann man sich mit einer starken Frage behelfen („Hatten Sie keine Angst, Max Mustermann?“). Auch die Einstiegsfrage sollte pointiert sein, um die Leser in den Text zu ziehen. Lief das Interview gut, dann lässt es sich auch gut als Gespräch aufschreiben statt als Aneinanderreihung von Fragen und Antworten. Hat Ihr Gesprächspartner gern lange Antworten gegeben, dann fügen Sie jetzt Zwischenfragen ein und kürzen sie, wo immer es sich anbietet. Mischen Sie längere und kürzere Antworten. Gute Interviews sind auf den Punkt geschrieben und verlieren sich nicht. Tun Sie Ihrem Interviewpartner einen Gefallen und spitzen Sie seine Antworten zu. Kernaussagen sind immer besser am Ende einer Antwort statt im ersten Satz platziert. Deshalb bemühen sich die meisten Interviewtexter um einen guten Schlusssatz (der nicht selten auch die Headline bildet).
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5. Die Abstimmung: Puh!
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Jeder interne Redakteur kennt diesen frustrierenden Moment, wenn das flüssige, pointierte Interview im Abstimmungsprozess zum langweiligen Riemen wird, wenn starke Botschaften geschliffen und andere ganz gestrichen werden. Kämpfen Sie um jedes Wort! Machen Sie ihrem Gesprächspartner klar, wie Worte wirken und wie seine Redigatur das Gegenteil von dem bewirkt, was er eigentlich erreichen möchte. Treten Sie nicht auf als interner, textender Dienstleister, sondern als Experte für Kommunikation und Sprache. Das ist mühsam, aber wenn alle im Team mitziehen, dann funktioniert es.
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